Sie werden sich wahrscheinlich erinnern, dass wir in einigen unserer letzten Blogbeiträge gleich zu Beginn auf die Krisenanfälligkeit unserer Zeit hingewiesen haben. Wenn wir die aktuelle Diagnose als „anhaltende Vielzahl von Krisen“ erneut aufgreifen, tun wir das nicht, um uns zu wiederholen oder weil uns die Ideen ausgegangen sind. Vielmehr möchten wir heute über eine der wichtigsten Reaktionen sprechen, die auf Krisensituationen von Menschen und Systemen wie Unternehmen und sonstigen Organisationen entwickelt werden können: Resilienz.
Krisensituationen zeigen sich in vielfältigen Ausprägungen
Unternehmen können ein Lied davon singen: Obwohl Krisen gelegentlich gewisse Ähnlichkeiten aufweisen mögen, gleicht doch kaum eine der anderen. Jede Krise trägt ihre eigene Charakteristik. Hierzu zählen dynamische Veränderungen im Geschäftsumfeld sowie instabile Marktbedingungen, das Zusammenbrechen von Finanzsystemen, Störungen in Lieferketten und Engpässe bei Rohstoffen, Herausforderungen wie Pandemien oder Kriege. Im Repertoire der existenziellen Aufgaben, mit denen sich Unternehmen heutzutage konfrontiert sehen, stehen nicht zuletzt auch disruptiven Geschäftsmodellen durch den Vormarsch neuer Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Elektromobilität im Fokus. Diese zwingen Automobilhersteller und ihre Zulieferer zu neuen Herangehensweisen und innovativen Sprüngen.
Hinzu kommen äußere Schocks wie die oft plattformbasierten, disruptiven Angriffe auf etablierte und bis dato erfolgreiche Geschäftsmodelle – oder andere, scheinbar aus dem Nichts auftauchende „Schwarze Schwäne“, das heißt, unwahrscheinlich erscheinende Ereignisse mit enormer Auswirkung. Es wäre sinnlos, die Aufzählung weiterzuführen, denn das Wesen einer Krise besteht darin, unvorhergesehen und daher unvorbereitet aufzutreten.
Unsere Reaktion entscheiden wir
Fest steht: Das Eintreten von Krisen entzieht sich meist unserem Einfluss. Was wir jedoch gestalten können, ist unsere Antwort auf folgende Frage: Wie begegnen wir als Individuen, als Führungskräfte und als Unternehmen Extremsituationen, die unseren bisherigen Status quo und das Vertraute grundlegend in Frage stellen? Wie bewahren wir uns davor, dass Veränderungen derart einschlagen, dass sie eine Bedrohung für unsere Existenz darstellen?
Die Lösung liegt darin, alles in unserer Macht Stehende zu unternehmen, um in solchen Situationen flexibel, anpassungsfähig und mit reichlich Ressourcen ausgestattet zu sein, so dass wir nach der Krise wieder zu unserer früheren Stärke zurückfinden. Kurz gesagt: indem wir Resilienz entwickeln.
Resilienz: Wie erreichen wir sie?
Die Beantwortung dieser zentralen Frage unterscheidet sich sicherlich im privaten Bereich deutlich von jener im unternehmerischen Umfeld, auf das wir im Folgenden unseren Fokus richten.
Aus unserer Perspektive lassen sich im Wesentlichen zwei Ansätze erkennen, mit denen ein Unternehmen seine Resilienz stärken und sich somit optimal auf die von Natur aus unsichere Zukunft vorbereiten kann: Zum einen durch den Einsatz entsprechender Instrumente und Methoden innerhalb der Unternehmensstrukturen und zum anderen durch die Resilienzfähigkeit des Managements gegenüber Krisen.
Der erste Weg zur Resilienz: Instrumente und Ansätze
Resilienz erfordert spezifische betriebswirtschaftliche Instrumente und Ansätze, die das Unternehmen widerstandsfähiger gestalten. Im Folgenden sind die aus unserer Sicht bedeutsamsten aufgeführt. Die eigentliche Stärke liegt darin, sie miteinander zu kombinieren, um individuell auf die jeweilige Situation reagieren zu können.
- Risikomanagement und Ressourcensteuerung
Eine zentrale Managementmethode ist ein ausgereiftes Risikomanagement und eine effektive Ressourcensteuerung. Unterstützende computer- oder KI-gestützte Instrumente helfen dem Management einerseits bei der Identifizierung potenzieller Risiken, der Bewertung ihrer Wahrscheinlichkeit und ihrer möglichen Auswirkungen sowie bei der Planung geeigneter Maßnahmen zur Risikominimierung. Andererseits unterstützen sie bei der Bewertung der vorhandenen Ressourcen, ihrer optimalen Planung und effizienten Nutzung. Sie erkennen mögliche Lücken und Bereiche, in denen eine erhöhte Redundanz von Vorteil wäre, um die Auswirkungen von Störungen zu minimieren, die Erholung zu erleichtern und die „Wiederherstellung“ des Unternehmens zu beschleunigen. - Szenarioplanung und -analyse
Prognostische und intelligente Szenarien können dabei helfen, verschiedene mögliche Zukunftsszenarien zu modellieren und rechtzeitig Pläne zur Bewältigung dieser Szenarien zu entwickeln. Dies fördert die Kreativität der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und steigert die generelle Anpassungsfähigkeit des Unternehmens – beides essentiell für die Bewältigung von Störungen und Krisen. - Agiles Neugestalten der Organisation und des Projektmanagements
Es liegt auf der Hand, dass ein Unternehmen mit einer dezentralen Struktur, flachen Hierarchien und agiler Führung anpassungsfähiger und flexibler ist als ein klassisch geführtes Unternehmen mit einer hierarchischen und rigiden Organisationsstruktur. Agile Führung und agile Prinzipien im Projektmanagement spielen daher eine entscheidende Rolle als Mittel zur Stärkung der eigenen Resilienz. - Unternehmenskultur und kontinuierliche Mitarbeiterentwicklung
An dieser Stelle kommen wir zu einem Punkt, der den Kern jeder Veränderung sowie die Reaktion auf externe Veränderungen bildet: die Mitarbeitenden. Eine Unternehmenskultur, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befähigt und motiviert, kontinuierlich zu lernen, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten ständig zu aktualisieren und zu erweitern, ist einer der Schlüsselfaktoren für Widerstandsfähigkeit. - Digitalisierung und Technologie
All die zuvor genannten Faktoren sind bedeutend, doch ohne Technologie verlieren sie an Wirksamkeit. Eine herausragende Rolle kommt dabei der Digitalisierung und der auf die Geschäftsprozesse zugeschnittenen IT-Infrastruktur zu. Dies ist essenziell, um widerstandsfähig auf mögliche Störungen und Cyberangriffe reagieren zu können und die Datensicherheit zu erhöhen. Zudem ist nahezu jedes Unternehmen heute auf digitale Prozesse angewiesen und profitiert von einer geeigneten Datenstrategie.
Zweiter Schritt: Die resiliente Führungsperson
Ob ein Schiff im Sturm untergeht oder weiterhin den Kurs hält, hängt auch von der Fähigkeit des Kapitäns und der Offiziere ab. Ebenso sollten Führungskräfte auf den Ebenen des C- und B-Managements in Unternehmen ihr Team so leiten, dass es Krisen, Veränderungen und andere anspruchsvolle Situationen erfolgreich bewältigen kann.
Es bedarf keiner psychologischen Expertise, um festzustellen, dass Führungskräfte bestimmte Qualitäten aufweisen sollten, um in turbulenten und sich rasch verändernden Zeiten ihre Rolle effektiv auszufüllen. In unseren Augen sind die wesentlichen Eigenschaften: Optimismus und eine lösungsorientierte Denkweise sowie die Fähigkeit, selbst in herausfordernden Situationen Ruhe zu bewahren. Zusätzlich zählen das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, notwendige Veränderungen erfolgreich zu meistern, eine effektive Kommunikation nach innen zu den Mitarbeitern und Teams sowie die Fähigkeit, eine vertrauensbasierte Unternehmenskultur zu etablieren, die Fehler toleriert und ein starkes Gemeinschaftsgefühl fördert.
Antifragilität – Über die Resilienz hinaus…
Die meisten Unternehmen sind bereits zufrieden, wenn sie von sich behaupten können, dass sie alle erforderlichen Schritte unternommen haben, um resilient zu sein. Dies genügte jedoch nicht Nassim Nicolas Taleb, einem Mathematiker, Hedgefondsmanager und Philosophen. Der Autor des Bestsellers „Der Schwarze Schwan“ betonte, dass es in Krisensituationen nicht nur darum geht, resilient zu sein und zur früheren Stärke zurückzukehren. Noch bedeutender sei es, aus diesen Situationen gestärkt hervorzugehen. In seinem Buch prägte er den Begriff „Antifragilität“ für diese Fähigkeit. Diese setzt, neben all den von uns zuvor genannten Aspekten, vor allem eines voraus: die Bereitschaft und Fähigkeit zum kontinuierlichen Lernen sowohl seitens des CEOs, des Top-Managements als auch der MitarbeiterInnen.
Ein robust-sardonischen Spruch, der für uns mit Antifragilität in Verbindung steht und die Bedeutung hinter diesem Begriff trefflich beschreibt, lautet: „Was uns nicht umbringt, macht uns stark.“ Dies verdeutlicht, dass es nicht nur darum geht, widerstandsfähig und unverwundbar zu sein. Ebenso wenig geht es lediglich darum, zum vorherigen Status quo zurückzukehren. Vielmehr geht es darum, durch Erfahrungen, Krisen, Veränderungen und existenziell bedrohliche Situationen gestärkt, verbessert und größer als zuvor hervorzugehen. Während Resilienz zweifellos eine erstrebenswerte Eigenschaft von Systemen, Organisationen und Menschen ist, geht Antifragilität darüber hinaus. Da sie Veränderungsfähigkeit und Anpassung mit kontinuierlichem Lernen und Fortschritt verbindet, sollte sie zumindest als Zielsetzung in Betracht gezogen werden.
Lernen, Wissen und Innovation – Herzlich willkommen in unserem Institut!
Resilient und antifragil zu werden, ist ein Prozess, der nicht über Nacht geschieht. Neben der Bereitschaft dazu erfordert es eine offene Neugier und die Willigkeit, stets mehr zu erfahren und Neues zu erlernen.
In unserem Weiterbildungsinstitut für Fach- und Führungskräfte bieten wir eine umfassende Auswahl an Online- und Präsenztrainings an, darunter auch Schulungen zum Thema Resilienz. Besonders ans Herz legen möchten wir Ihnen das Seminar „Resilienz für Führungskräfte„, das sich intensiv mit vielen der oben genannten Aspekte befasst und vor allem die Stärkung der inneren Widerstandsfähigkeit von Managern und Managerinnen in den Fokus nimmt.
Zudem laden wir Sie herzlich ein, unser breites Angebot an weiteren Schulungen zu entdecken. Wie wir erkannt haben, sind die Fähigkeiten des Lernens und die Bereitschaft dazu für Veränderungsprozesse in Unternehmen unerlässlich. Durch kontinuierliches Lernen und die Entwicklung neuer Fähigkeiten eröffnen sich zugleich neue Handlungsoptionen. Dies stärkt die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen, um flexibel und angemessen auf neue Situationen zu reagieren.
Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Sommer und einen neugierigen sowie entspannten Übergang in die Zeit nach den Ferien.
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